BUND Leverkusen

Achtspuriger Ausbau der A 3 von Leverkusen bis Oberhausen: Flächen sparen und intelligente Alternativen streng untersagt

18. Mai 2021

Zwischen Leverkusen und Oberhausen soll die Staugefahr auf der A 3 durch eine 860 Millionen Euro teure Erweiterung von sechs auf acht Spuren beseitigt werden. Absurd, denn: Die Stauursache liegt gar nicht auf der A 3, sondern auf der sie kreuzenden A 46 und A 1. Ein Ausbau der A 3 würde das Verkehrsaufkommen und damit die Staugefahr an diesen Autobahnkreuzen sogar noch weiter erhöhen. Zudem müsste für das Vorhaben eine bis zu 40 Meter breite Schneise in Wohn-, Gewerbe- und Freizeitflächen geschlagen werden, auch Naherholungs- und Naturschutzgebietewären betroffen. Statt noch mehr Autos und noch mehr Stau muss der Kfz-Verkehr in der Region reduziert und verlagert werden. Auch eine Temporeduktion und die temporäre Nutzung des Seitenstreifens auf der A 3 sind geeignetere Maßnahmen, um das Stauproblem zu lösen.

Stau ist nicht gleich Stau

Das Ziel des Ausbaus ist es, die Staugefahr in diesen Streckenabschnitten zu reduzieren. Die im BVWP 2030 für diesen Bereich angeführte Staugefahr bezieht sich jedoch in erster Linie auf die in Ost-West-Richtung verlaufende A 46 im direkten Umfeld der Großstädte Wuppertal und Düsseldorf. Dadurch kommt es im Autobahnkreuz Hilden während der Stoßzeiten zu gelegentlichen Rückstaus auf die A 3. Ein Ausbau der A 3 würde bei prognostizierter Verkehrszunahme nur die Fläche für den stockenden Verkehr erhöhen, die Ursache aber nicht beseitigen. Im Gegenteil: Die geplante Erhöhung des Verkehrsaufkommens auf der A 3 auf 150.000, also um 25 Prozent durch den Ausbau, wird zu mehr Staus auf der A 46 und mehr Rückstaus auf der A 3 führen. Das gleiche gilt in Gegenrichtung für Staus auf der A 3 vor dem Leverkusener Kreuz.

2020 erledigten sich diese Staus fast von selbst: Im sonst staureichen November zeigte sich nach Feststellung von „Straßen NRW“ Corona-bedingt, dass bei einem moderaten Verkehrsrückgang von 20 bis 30 Prozent die wenigen temporären Engpässe auf der A 3 in Spitzenzeiten schlagartig verschwanden und damit auch die Staugefahr: weniger Verkehrsaufkommen = weniger Staus.

Straßen statt Habitate und Häuser

Allein auf der 20 Kilometer langen Strecke vom Autobahnkreuz Leverkusen bis zum Autobahnkreuz Hilden würden durch den geplanten Ausbau ca. 28 Hektar Flächen   zusätzlich   in   Anspruch   genommen,   davon   ca.14 Hektar endgültig versiegelt. Zudem würde in einem sehr dicht besiedelten Gebiet heftig in die Stadtstrukturen eingegriffen. Eine bis zu 40 Meter breite Schneise würde in Wohn-, Gewerbe- und Freizeitflächen geschlagen: Privatgärten würden ebenso verschwinden wie Vereinsgelände, auch Wohnhäuser müssten abgerissen werden. Dort, wo nicht unmittelbar Siedlungsflächen betroffen sind, ist die Natur die Leidtragende: Rechts und Links der Autobahn verläuft als ein bis drei Kilometer breites Band die Bergische Heideterrasse mit zahlreichen FFH- und Naturschutzgebieten. Mit EU-, Bundes- und Landesmitteln aus Naturschutz-Töpfen wird versucht, die noch bestehenden Heidegebiete zu sichern. Mit Bundesmitteln aus Straßenbau-Töpfen würden sie unwiederbringlich zerstört.

Besonders absurd ist, dass die A 3 momentan auf weiten Teilen der Ausbaustrecke komplett grundsaniert wird. Weil in den 1980er Jahren beim sechsspurigen Ausbau wenig haltbare Betonplatten verwendet wurden, werden derzeit alle maroden Fahrbahnen, Entwässerungsanlagen, Schilder und Schutzeinrichtungen von Grund auf neu erstellt. Käme der achtspurige Ausbau wie geplant in zehn Jahren, würde alles dies wieder eingestampft.

Alternative

Das Ziel des Projekts liegt in der Annahme, es gäbe einen Dauerstau auf der A 3, der beseitigt werden müsse. Da die Ursache für die Rückstaus aber auf der A 46 und der A 1 liegt, muss hier eine Alternative greifen. Die nachhaltigste Lösung liegt in einem dauerhaft reduzierten Verkehrsaufkommen durch Verkehrsverlagerung und -vermeidung.   Alternativen   zum   Ausbau   sind   zudem   ein dauerhaftes Tempolimit von 120 km/h und Wechselverkehrszeichen   zur   Verkehrsflusssteuerung   vom   Kreuz Leverkusen bis Duisburg. So können Ausweichstrecken über die linksrheinische A 57, die parallele A 59 und die A 1 nach Dortmund genutzt werden. Zudem können die Seitenstreifen zeitweise freigegeben werden, um zielgenau auf gesteigertes Verkehrsaufkommen in Stoßzeitenzu reagieren. Diese bedarfsabhängige, temporäre Seitenstreifenfreigabe (TSF) für den fließenden Verkehr in Spitzenzeiten hat sich andernorts bewährt. Mit geringem Kosten- und Zeitaufwand lässt sich dadurch eine Kapazitätserhöhung   von   20   bis   25   Prozent   erzielen   ohne wesentlich in die Landschaft einzugreifen. Eine Verringerung der Verkehrssicherheit wurde auf bereits bestehenden Strecken mit TSF nicht festgestellt.

Fazit

Die A 3 darf nicht achtspurig ausgebaut werden. Das Stauproblem lässt viel einfacher und günstiger kurzfristig durch temporäre Nutzung der Seitenstreifen, ein dauerhaftes Tempolimit von 120 km/h und eine überregionale Verkehrslenkung lösen. Der BUND fordert, eine realistische Prognose des zukünftigen Verkehrsaufkommens in der Region unter Berücksichtigung von weniger Pendlerverkehr durch Homeoffice, weniger Lkw-Verkehr durch dieVerlagerung von Güterverkehr auf die Schiene und intelligente telematische Steuerung des Verkehrs zu erstellen.

Kontaktperson Dieter Donner, BUND Hilden

Der Text enstammt der Broschüre "Desaster im Dutzend: Zwölf Autobahnen, die kein Mensch braucht", die beim BUND-Bundesverband als pdf zur Vergügung steht.

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