Mit Wespen und Hornissen den Sommer verbringen

Anregungen zum Umgang mit zu Unrecht verfolgten Tieren

Hornisse Hornisse landet  (Hans-Martin Kochanek)

Fehlen Ihnen Argumente, wenn Sie Ihre Nachbarn davon überzeugen wollen, dass wir Wespen und Hornissen brauchen? Hier einige Informationen, die Ihnen helfen können, Verständnis für diese Mitnutzer unserer Häuser und Gärten zu wecken: Nach den Käfern und Schmetterlingen sind die „Hautflügler“ (Hymenoptera) die drittgrößte Insektengruppe der Welt. Bei uns leben etwa 10 000 Arten, von denen die allermeisten uns unschätzbare Dienste erweisen und ihren Ruf als „Schädlinge“ oder als „Plagegeister“ nicht verdient haben. Die unzähligen Schlupfwespen etwa regulieren als Parasiten die Bestände anderer Insekten, die Ameisen tragen wesentlich zur Durchlüftung und Verbesserung des Bodens bei, Bienen und Hummeln sind als Bestäuber vieler Blütenpflanzen unersetzlich. Und die Beobachtung der faszinierenden Verhaltensweisen dieser Tiergruppe vermittelt eine Ahnung von der Komplexität des Naturhaushalts und schafft so die Voraussetzungen für das so notwendige Begreifen ökologischer Zusammenhänge.

Wespen

Wespe  (Hans-Martin Kochanek)

Wer weiß schon, dass sich die große Mehrzahl der bei uns lebenden mehr als 500 heimischen Wespenarten absolut friedlich verhält, teilweise sogar gar nicht in der Lage ist zu stechen? Nur ganze zwei dieser Arten können zeitweise im Jahr zu einem Problem werden. Die im Boden nistende Deutsche Wespe (Paravespula germanica) und die Gemeine Wespe (Paravespula vulgaris) teilen im Sommer mit uns die Vorliebe für süße Speisen und Getränke und verhalten sich zu dieser Zeit nicht immer friedlich. Dieses Problem aber erledigt sich in kurzer Zeit von selbst. Bis auf die überwinternde Königin sterben die Wespen alle ab. Vorher beteiligen sich alle auf der Suche nach Nektar, Pflanzensäften und Honigtau an der Bestäubung unserer Obstgehölze. Für die Fütterung der Wespenlarven müssen „Arbeiterinnen“ eine Unmenge von Fliegen, Raupen und anderer Insektennahrung heranschaffen. Sie sind damit so beschäftigt, dass es bis zum Sommer kaum zu Belästigung durch Wespen kommt. Dann stellt die Königin die Eiablage ein, das arbeitsaufwendige Füttern der Larven entfällt und die Arbeiterinnen nutzen jetzt ihren wohlverdienten „Ruhestand“, um sich an Obst und anderen süßen Speisen zu vergnügen.

Fühlen sie sich durch menschliche Abwehrreaktionen bedroht, greifen sie auch mal zu ihrem wirkungsvollsten Mittel der Verteidigung: sie stechen. Ein paar Regeln, die Sie beachten sollten, um schmerzhafte Begegnungen zu vermeiden:

  • Ruhig und gelassen bleiben und hektische Bewegungen vermeiden

  • Tiere nicht anatmen

  • Süße Speisen und Getränke nicht unbedeckt im Freien stehen lassen

  • Nicht aus offenen Flaschen trinken

  • Kindern Reste von Süßem vom Mund abwischen

  • Wo Fallobst am Boden liegt, nicht barfuß laufen.

Hat sich ein Wespenvolk der an sich friedfertigen Sächsischen Wespe (Dolichovespula saxonica) z. B. in für Kinder bedrohlicher Nähe angesiedelt, ist es ratsam, einen fachlich ausgebildeten Insektenbekämpfer zu Rate zu ziehen.

Hornissen

Hornisse Hornisse im Anflug auf Nest  (Hans-Martin Kochanek)

Unsere größte Wespenart, die gelb und rotbraun gefärbte Hornisse – deren Leibspeise übrigens Wespen sind! –, hat den schlechtesten Ruf unter den Hautflüglern und ist doch die friedfertigste und nützlichste! Unbestritten handelt es sich bei ihr um ein wehrhaftes Tier, dessen Stich Schmerzen verursacht. Dass aber Menschen oder gar Pferde durch wenige Hornissenstiche getötet werden können, gehört ins Reich der Sage! Vorsicht sollten allerdings Allergiker walten lassen!

Wie die anderen einheimischen Hautflügler leben auch Hornissenvölker nur einjährig. Schon im Herbst stirbt der Hornissenstaat ab – bis auf wenige Königinnen, die einzeln im morschen Holz oder im Erdreich überwintern.

Da natürliche Nistmöglichkeiten immer häufiger fehlen, weichen Hornissen vielfach in den Randbereich von Siedlungen aus, wo sie z. B. Dachböden oder auch freie Bienenwohnungen beziehen. Dass sie in ihrer „Wohnungsnot“ auch einmal in Vogelnistkästen einziehen, sollte uns eher freuen als Anlass zu Gegenmaßnahmen sein: Vielleicht ist es ja der letzte Staat der seltenen Art in weitem Umkreis!

Der Gesetzgeber hat die Hornisse als „geschützte Art“ in die Bundesartenschutzverordnung aufgenommen: Sie darf also weder gestört noch getötet werden! Wer ein Hornissennest umsiedeln lassen will, braucht dazu eine amtliche Genehmigung.

Alarmierender Rückgang

Wie in so vielen anderen Bereichen der Natur ist auch bei den Hautflüglern in den letzten zwanzig Jahren ein beängstigender Rückgang der Vielfalt zu beobachten. Eine der wichtigsten Ursachen ist ohne Zweifel die chemische Belastung der Umwelt. Wie viele Hobbygärtner glauben immer noch, auf Insektizide nicht verzichten zu können, und der Einsatz von Chemie in der Landwirtschaft ist nach wie vor immens.

Aber auch Wohnungsmangel setzt den Hautflüglern zu. Immer mehr alte Zäune und Scheunen mit ihrem mürben Holz verschwinden, Gartenwege werden plattiert oder betoniert, Böschungen und aufgelassene Sandgruben durch „Pflegemaßnahmen“ in einen Zustand versetzt, der sie als Brutplatz ungeeignet macht.

Schutzmöglichkeiten

Mit ganz einfachen Mitteln kann ein Garten zum Refugium für Insekten aller Art werden:

  • Lassen Sie an einigen Stellen Laub und Zweige, Steine und totes Holz als Unterschlupf für Laufkäfer und Kurzflügler liegen.

  • Schneiden Sie Stauden nicht im Herbst, sondern erst im nächsten Frühjahr herunter. So können viele Käfer- und Hautflüglerarten in Ruhe darin überwintern.

  • Schaffen Sie Nistmöglichkeiten für „solitär“, das heißt allein lebende Bienen- und Wespenarten, indem Sie Nisthölzer oder Bündel hohler Stängel aufhängen – Material dazu liefern Brombeeren und Holunder, Buddleia und Königskerze, aber auch Stroh- oder Schilfhalme. Ohrwürmer freuen sich, wenn Sie mit Holzwolle gefüllte Blumentöpfe in den Bäumen aufhängen. Bauanleitungen und fertige Nisthilfen finden Sie in unserem InfoTreff für Natur und Umwelt!

  • Sorgen Sie das ganze Jahr über für ein reiches Blütenangebot und bevorzugen Sie dabei die ungefüllten Sorten. Geben Sie auch hier und da „Unkräutern“ eine Chance – Nektar und Pollen sammelnde Insekten wie Schmetterlinge, Hautflügler und Fliegen werden es Ihnen danken!

Und eine letzte Bemerkung: Da Sie auf diese Weise auch die Räuber und Parasiten unter den Insekten fördern - Marienkäfer und Florfliegen, Schwebfliegen und Schlupfwespen – können Sie getrost auf den Einsatz von Giften verzichten, die nicht nur die „Schädlinge“ vernichten, sondern auch so manche Vogelbrut und auf Umwegen doch nur wieder in unserem eigenen Körper landen.