BUND Leverkusen

Entwurf der Grünsatzung für Neubauten in Leverkusen - noch viel Potential zur Weiterentwicklung in Sachen Natur

09. Dezember 2023 | Aktiventreff, Klimawandel

Jeder der sich etwas auskennt, weiß, dass Leverkusen dringend mehr Grün, mehr Natur braucht. Denn Leverkusen gehört mit zu den dicht besiedeltsten Bereichen in Deutschland. Fast die Hälfte der Fläche von Leverkusen ist Wohnbereich sowie Industrie und weitere 13 % werden für Straßen und Autobahnen zur Verfügung gestellt. So ist es kein Wunder, dass der Klimaatlas NRW auch in Leverkusen viele Hitzeinseln aufzeigt. Aufgrund der starken Besiedlung weisen die Leverkusener Naturschutzverbände NABU und BUND seit Jahren darauf hin, dass die Zeit des Neubaus von Gebäuden auf bisher für den Siedlungsbereich nicht genutzten Flächen längst vorbei ist. Es kommt aus Sicht des Schutzes der Natur nur die Nachverdichtung im Bestand in Frage.

Honigbiene im Mauerpfeffer einer Dachbegrünung Honigbiene im Mauerpfeffer einer Dachbegrünung  (Hans-Martin Kochanek)

Nach einer Untersuchung der Universität München ist es für eine klimagerechte Stadt elementar, dass mindestens 40 % der Siedlungsfläche begrünt ist. Die Leverkusener Naturschutzverbände NABU und BUND sehen daher, wenn doch neu gebaut werden sollte, die vorgestellte Grünsatzung als einen positiven längst überfälligen Schritt zu einer lebenswerten Stadt. Die Aufgabe der Grünsatzung ist es nach Ansicht der Naturschützer dafür zu sorgen, dass bei Neubauten alles getan wird, um die durch sie erzeugten Einschnitte für die Natur zu reduzieren. Das Gebäude und sein Umfeld müssen folgerichtig so gestaltet sein, dass von ihm so viele positive Ausstrahlungen wie möglich in Sachen Artenvielfalt, Wasserhaltevermögen und Klimaschutz ausgehen.

Denn: die Artenvielfalt ist auch in Leverkusen in den letzten Jahren für jeden sichtbar extrem gesunken – wo gibt es z.B. noch Mehlschwalben oder Feldlerchen, die früher überall in Leverkusen zu finden waren. Das Wasserhaltevermögen der bebauten Flächen ist stark verringert – es gibt immer weniger nicht versiegelte Fläche, von einer funktionierenden Schwammstadt ist Leverkusen noch weit entfernt. Und allein schon aufgrund der heute vorhandenen Bebauung werden die Hitzeinseln in der Stadt immer mehr zunehmen und somit wird sich Leverkusen immer mehr aufheizen.

„Wir bitten daher die Politik und die Verwaltung, viel intensiver als bisher umfassende Konzepte zu realisieren, die auch im bereits bebauten Siedlungsbereich – als die größte genutzte Fläche in Leverkusen – zu mehr Artenvielfalt, Wasserhaltevermögen und Klimaschutz beitragen,“ fordert der Vorsitzende des Leverkusener Naturschutzbundes NABU Dr. Hans-Martin Kochanek. „Der vorgestellte Entwurf der Grünsatzung stellt zumindest in Richtung Neubau einen ersten, seit langem überfälligen, Schritt dar“. Da wir in Leverkusen einen extrem hohen Nachholbedarf an nachhaltig funktionierendem „Grün“, mit der dringend notwendigen Zweckzuweisung zum Artenschutz, Wasserhaltevermögen und Klimaschutz haben, ist es zwingend nötig, dass jeder Neubau in diesem Sinne maximal effektiv ausgestattet wird.

Um diese für alle Bürger und Bürgerinnen Leverkusens wichtigen Ziele zu erreichen, bietet der Entwurf der Grünsatzung viele gute Ansätze, die jedoch in einigen Bereichen weit hinter den fachlich begründeten Erfordernissen zurückbleiben. In einer umfangreichen Stellungnahme haben daher die Leverkusener Naturschutzverbände NABU und BUND die Politik und die Verwaltung über ihre Vorschläge zur Optimierung der Satzung informiert. Eine der Forderungen ist, ausschließlich „standortgerechte und heimische“ Pflanzen zu verwenden. In dem Entwurf werden „naturverträgliche Arten“ vorgeschlagen. „Der Begriff „naturverträglich“ ist im gärtnerischen Sinne nicht eindeutig definiert und kann daher zu vielerlei Fehlinterpretationen führen. Er ist daher wichtig ihn durch „einheimische“ zu ersetzen. Nur so kann die notwendige Förderung der Artenvielfalt erfolgen,“ betont die Sprecherin des BUND Leverkusen Ingrid Mayer.

Sinnvoll ist es auch, in einer Liste zur Satzung die zu verwendenden Pflanzenarten eindeutig festzulegen – dies erleichtert den Umgang und die Gestaltung der Gärten im Sinne des Satzungsziels sehr. Wie aus der Literatur und langjähriger Erfahrung der Naturschützer wohlbekannt ist, können Pflanzen, die hier nicht heimisch sind, in der Regel kaum eine Wirkung für die Förderung der Artenvielfalt entwickeln. Daher stehen die Vorschläge für die Pflanzung von nicht heimischen Arten im Entwurf der Grünsatzung aus Sicht des Naturschutzes dem Ziel dieser Grünsatzung: der Förderung des Artenschutzes, genau entgegen. „Irritiert hat uns z.B., dass in der Pflanzen-Vorschlagsliste sogar der Kirschlorbeer aufgeführt wird. Dieser nicht heimische Strauch wird von vielen Naturschutz-Fachleuten als keineswegs förderlich angesehen und verbreitet sich invasiv. Diese schlechte Eigenschaft ist allgemein – auch in Wikipedia – bekannt“, so Erich Schulz vom NABU Leverkusen.
Es fehlen auch Vorgaben für effektive Pflanzen-Arten für die Begrünung der Dächer. Diese sind sehr wichtig, denn nur die richtigen Pflanzen können z.B. als Nahrungspflanzen für die bedrohten Wildbienen dienen. Hier könnte z.B. auf die entsprechenden Listen der Verbraucherzentrale NRW verwiesen werden.

Eine heutzutage bereits etablierte technische Möglichkeit für Wasserhaltung, Klimaschutz und Artenvielfalt in der Stadt ist die Dachbegrünung. Daher sollte sie bei Neubauten immer vollständig vorgeschrieben werden und nicht nur bei Flachdächern, sondern auch, wie man es inzwischen immer häufiger sieht, bei Dächern bis 45% Dachneigung. Die Erdschicht muss für ein gutes Wachstum der Pflanzen dick genug sein. Eine extensive Dachbegrünung benötigt allein für ein sicheres Wachstum der Pflanzen ca. 8-15 cm Substrat. Bei nur 8 cm Substratschicht – wie im Entwurf der Satzung - erhöht sich die Gefahr, dass die Pflanzen im heißen Sommer austrocknen/absterben und daher die Zeit u.a. der Sauerstoffproduktion, der Staubfilterung sowie der Nahrungsbereitstellung für z.B. die bedrohten Wildbienen reduziert wird. Ebenfalls muss die Substratschicht eine gewisse Stärke erreichen, damit eine Wasserrückhaltung in nennenswertem Umfange erfolgt. Dies ist sehr wichtig, denn viele Leverkusener haben in der Flutnacht 2021 schmerzlich erfahren, was passiert, wenn zu wenig Wasserrückhaltung in Gebäudenähe erfolgt. Aus diesen drei Gründen – Artenschutz, Wasserrückhaltung und Klimaschutz – bitten die Naturschutzverbände darum, die Substratschicht für Neubauten auf mindestens 15cm festzulegen.

Da neue Tiefgaragen ebenfalls heute vorhandene Freifläche versiegeln werden, ist es nur folgerichtig, dass sie auf der Oberfläche maximal begrünt werden. Die Naturschutzverbände bitten daher darum, den Begrünungsanteil außerhalb der Wege von 60% (Entwurf der Satzung) auf 100% zu erhöhen.

Hecken produzieren nicht nur Sauerstoff, sondern bieten auch Schutz und einen Platz zum Brüten für Vögel in der Stadt. Eine Nutzung der Hecken als Brutplatz für Vögel ist von einer gewissen Dichte und Breite der Hecke abhängig. Diese wird in der Regel erst ab ca. 1,5 Meter Breite erreicht. Die Naturschützer schlagen daher vor, eine dreireihige Hecke von mindesten 1,5 Meter Breite vorzuschreiben.

Über den Sinn und die Wichtigkeit einer Fassadenbegrünung zu diskutieren ist heute im Jahr 2023 aus Sicht aller Fachleute überflüssig. Denn seit langem ist bekannt und nachgewiesen, dass eine Begrünung der Fassade sehr effektiv den Lärm mindert, für die Kühlung in der Stadt und im Haus sorgt, die Luft reinigt und Vögeln und Schmetterlingen Nahrung und einen sicheren Brutplatz bietet. Sie ist leicht anzupflanzen und überall, wo keine Fenster oder Türen sind, kann dadurch Grünes das Auge der Betrachter erfreuen. Der Entwurf der Grünsatzung sieht nur einen Begrünungsgrad von 60% der Möglichkeiten einer Fassade vor, aus Sicht des Natur- und Klimaschutzes ist es wichtig, dass die gesamte nutzbare Fassadenfläche begrünt wird.

„Wir würden uns freuen, wenn durch eine ergänzte Grünsatzung für Neubauten endlich ein Regelwerk für die Gestaltung eines zukunftsfähigen Leverkusens geschaffen wird. Dieses ist aus Sicht unserer Enkel genauso wichtig für den modernen Hausbau wie die uns heute selbstverständliche DIN-Norm von Abflussleitungen oder auch die Vorschriften für den Brandschutz“ erläutert der Vorsitzende des NABU Leverkusen die Bemühungen der Naturschützer NABU und BUND für eine Optimierung des Satzungsentwurfes.

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