BUND Leverkusen

Stoppt endlich das Bauen auf unseren grünen Wiesen

18. Januar 2021

„Es muss endlich Schluss sein mit dem ungehemmten Bauen auf der grünen Wiese - unser Stadtgebiet wird immer weiter zugebaut! Der Bauhunger hat u.a. dazu geführt, dass man kaum noch Schwalben oder Schmetterlinge sieht“, sagt die Sprecherin der BUND Kreisgruppe Leverkusen, Ingrid Mayer. Mehr als die Hälfte der Fläche unserer Stadt wurde bereits bebaut. Der Rest von Leverkusen ist durch ein riesiges Straßennetz zerschnitten - wir haben zwei Autobahnkreuze und eine Autobahn, die auf acht Spuren erweitert werden soll. Unsere Naturschutzgebiete umfassen gerade einmal 1,24 % der Fläche von Leverkusen. Dagegen nutzen wir ein Zehnfaches der Fläche für Autos. „So kann es nicht weitergehen“, sagt Erich Schulz, der Vorsitzende des NABU Leverkusen, „wir müssen endlich akzeptieren, dass in Leverkusen keine weiteren naturnahen Flächen bebaut werden dürfen, wenn wir auch Nachtigall und Kuckuck, Wildbienen und Schmetterlingen ein Lebensrecht zugestehen wollen.“

Endlich Schluß - keine weitere Bebauung in Leverkusen auf der Grünen Wiese  (NABU/BUND Leverkusen)

Obwohl sowohl die Enquete-Kommission des Bundestages als auch das für den Städtebau zuständige Ministerium NRW immer wieder betonen, dass der Flächenverbrauch unbedingt reduziert werden müsse, lasen wir im StadtAnzeiger vom 14./15. 11. 2020 einen Artikel mit der Überschrift: „Es wird viel zu wenig gebaut“. Im Auftrag von Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen, hat das Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung eine Studie erstellt, die unserer Stadt bescheinigt, dass sie zu den Städten in NRW gehört, „die ihre Neubautätigkeit zukünftig deutlich intensivieren müssten“. Damit liegt sie ganz auf der Linie von Bau- und Innenminister Seehofer, der bei der anstehenden Überarbeitung des Baugesetzbuches gerade eine Gesetzesänderung plant, die die Ausweisung von Neubaugebieten beschleunigen soll. Durch den geplanten § 13b sollen im beschleunigten Verfahren Wohngebiete auf der „grünen Wiese“ entstehen können – frühzeitige Bürgerbeteiligung, Umweltbelange und eine nachhaltige Siedlungsentwicklung werden ausgehebelt. Die nordrhein-westfälische Landesbaupolitik befindet sich somit in bester Gesellschaft – und die Investoren frohlocken. Und das zu einer Zeit, in der eigentlich jeder über den desolaten Zustand unserer Natur Bescheid wissen könnte.

Der Flächenfraß ist eines der größten Umweltprobleme unserer Zeit – er zerstört Jahrhunderte alte Kulturräume, Landwirtschafts- und Naturflächen und wirkt sich negativ auf Klimawandel, Verkehrswende und unbedingt notwendige Artenvielfalt aus. Tiere und Pflanzen verlieren durch die Bebauung und durch die Landschaftszerschneidung dringend benötigten Raum, in dem sie ungestört leben und sich fortpflanzen können. Es fehlt ihnen nicht nur die Fläche selbst – als Nahrungsgrundlage unentbehrlich! –, sondern auch die Vernetzung der Lebensräume zum Austausch ihres Genpools. Wenn auch die letzten Flächen der Bebauung weichen müssen, werden unsere Kinder und Enkel Lerche und Goldammer, Kreuzkröte und Ringelnatter, Orchidee und Wiesensalbei nur noch aus dem Lehrbuch oder aus der APP kennen. Gerade die Corona-Zeit hat uns gezeigt, wie wichtig freie Flächen in der Stadt sind. Dort können Kinder unbekümmert ihre Drachen steigen lassen und Erwachsene ihre Seele baumeln lassen - einfach Lebensqualität pur.

„Frischluftschneisen“ und „Kaltluftleitbahnen“ sind keine leeren Worthülsen: Wenn wir in den vorhergesagten heißen Sommern noch frei atmen wollen, brauchen wir Grün- und Freiflächen als klimaökologische Ausgleichsräume. Es sind nicht nur die großen Waldrodungen im Amazonasgebiet oder in afrikanischen und südostasiatischen Regenwäldern, deren Verlust das Klima schädigt. Es sind auch die vielen kleinen grünen Oasen in unserer unmittelbaren Nachbarschaft, deren Verlust für Mensch und Natur unmittelbare Folgen hat.

Als „zahnlosen Tiger“ kritisieren die nordrhein-westfälischen Naturschutzverbände Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt (LNU) und Naturschutzbund Deutschland (NABU) das von Landesumweltministerin Ursula Heinen-Esser vorgestellte „Maßnahmenpaket zur intelligenten und effizienten Flächenentwicklung“. Das Paket enthalte überwiegend Placebos und löse nicht das Problem des weiterhin fortschreitenden Flächenfraßes, so eine Pressemitteilung der Verbände.

Mit der Volksinitiative Artenvielfalt NRW fordern wir den Stopp der Neuversiegelung – die Nachverdichtung in der Innenstadt muss absoluten Vorrang haben vor dem Bauen auf der grünen Wiese. Vorhandene Strukturen (Brachen, Bausubstanz etc.) in den Gemeinden sollten nachhaltig, unter Berücksichtigung und Ausweitung des innerstädtischen Grüns, genutzt werden, statt immer neue Flächen auf der „grünen Wiese" auszuweisen.

Auch die unsäglichen Autobahnausbaupläne für die A 1 und die A 3 beeinträchtigen die Lebensqualität der Leverkusener*innen nicht nur durch die Zunahme von Lärm, Feinstaub, Stickoxiden und Verkehrsproblemen massiv, sondern werden auch den Leverkusener Flächenverbrauch mit seinen negativen Folgen für Mensch und Natur extrem in die Höhe schnellen lassen.

Wir brauchen jede noch vorhandene Grünfläche für unser Stadtklima, den Erhalt von Lebensräumen für Tiere und Pflanzen und zur Wiederherstellung der Artenvielfalt, zur regionalen Nahrungsmittelproduktion, als Naherholungsmöglichkeit in unserer dicht besiedelten Region und für den Klimaschutz! Daher lautet die Forderung der Leverkusener Naturschutzverbände: „Stoppt den Flächenfraß – jetzt!“

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